„Recht muss Recht bleiben!“

Manfred Troike - Laut Manfred Troike würde der Neubau im Falle seiner Realisierung wie hier in der Montage dargestellt aussehen.

„Recht muss Recht bleiben!“.

Anwohner laufen Sturm gehen Wohnheim-Projekt.

Mit ernsten Mienen schauen Manfred Troike und Bernd Kruse auf das Gebäude der Kult-Kneipe „Donnerwetter“. Der IT-Fachmann und der Geschäftsführer eines Textilbetriebes befürchten, dass der unverbaute Blick auf das Donnerwetter bald der Vergangenheit angehören wird. Nach ihnen vorliegenden Unterlagen zum Baugenehmigungsverfahren beabsichtige der bekannte Gastronom Heiko Hornbacher (Donnerwetter, ex Beach-Club, Außenmühlenfest usw.) in Kooperation mit dem Margarettenhort auf einer Wiese zwischen dem Donnerwetter und der Reihenhaus-Siedlung ein „Heim für ambulant betreutes Wohnen (16 junge Menschen) in acht Wohneinheiten und einem zusätzlichen Büroappartement im KG für das Betreuungspersonal“ bauen zu lassen.
Troike und Kruse, die nur durch den Hinweis einer Nachbarin auf das Bauvorhaben aufmerksam wurden, erkundigten sich beim Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt des Bezirksamtes Harburg. Hier erhielten sie nach eigener Darstellung Auskünfte und Einblicke in das Vorhaben. „Wir hatten den Eindruck, als wolle man uns gegenüber mauern“, erinnert sich Kruse. Nach energischen Drängen hätte sich die zuständige Angestellte des Dezernates bereit erklärt, doch Details zu nennen. Es sei schließlich herausgekommen, dass ein „Jugendwohnheim für betreutes Wohnen von Jugendlichen über 18 Jahren aus sozial vorgeschädigten Verhältnissen“ entstehen solle, erfuhren Troike und Kruse. Beide „bohrten“ weiter und stießen schließlich auf das Nutzungskonzept für das Projekt: Die Betreuung der Personen erfolge durch sozialpädagogische Fachkräfte schwerpunktmäßig an Werktagen, bei Bedarf auch an Wochenenden. Eine Nachtaufsicht sei generell bei ambulanten Angeboten nicht vorgesehen, bei speziellen Rahmenbedingungen (Anzahl und Art der Klientel, Lage des Heims) könnte aber eine Nachtaufsicht eingerichtet werden. Das ambulante Angebot richte sich an Personen, die über ein gewisses Maß an Selbstständigkeit verfügen. Mittels der Einrichtung sollen sie ihre bereits begonnenen schulischen oder beruflichen Maßnahmen fortführen, wissen Troike und Kruse zu berichten. Troike habe daraufhin Hornbacher kontaktiert. Letzterer habe sich dahingehend geäußert, so Troike, dass alles rechtens wäre, auch hinsichtlich der Informationspolitik gegenüber den Anwohnern. Zudem hätten beide Nachbarn ja bisher ein nicht so inniges Verhältnis gehabt, soll Hornbacher laut Troike während des Telefonates gesagt haben. Überdies hätten Kruse und Troike bei der Einsicht der Akten übrigens noch erfahren, dass die denkmalgeschützte Immobilie, in der das „Donnerwetter“ untergebracht ist, ebenfalls für betreutes Wohnen für Jugendliche vorgesehen sei. Da der Pachtvertrag 2019 auslaufe, gehe er davon aus, dass das „Donnerwetter“-Gebäude entweder umgebaut oder sogar abgerissen wird, spekuliert Troike.
Dieser weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Man kann diesen Gedanken noch weiter entwickeln: Das Grundstück „Donnerwetter“ besteht in einer Eigentümergemeinschaft zu den Gebäuden Cuxhavener Straße 288, in dessen Erdgeschoss zur Zeit das Motorradhaus Johns & Maackens und im Obergeschoss eine zahnärztliche Gemeinschaftpraxis untergebracht ist . Auch dieser Teil könnte über die Anreize der neuen Förderrichtlinie in „besondere Wohnformen“ umgewandelt werden. Eine ähnliche Umwidmung hat das Bezirksamt Harburg im März für das Gebäude an der Cuxhavener Straße 317 genehmigt. Auch hier werden künftig jugendliche Problemfälle in betreutem Wohnen untergebracht“, führt Troike aus.
Die aufgebrachten Anwohner meinen die Beweggründe von Hornbacher zu kennen: „Heute treiben Heiko Hornbacher nur noch rein wirtschaftliche Interessen. Denn aus der Flüchtlingspolitik, die Neugraben bereits verändert, lässt sich mit Hilfe der von der Politik bereit gestellten Fördergelder einiges anfangen. So beginnen die Bauarbeiten am „Donnerwetter“ nicht zufällig gerade jetzt, denn zum 1. August 2018 ist eine neue Förderrichtlinie für den Neubau von Wohnraum für besondere Wohnformen in Kraft getreten, die Investoren eine vielfältige Mischung von Fördermöglichkeiten und Zuschüssen bietet, unter anderem ein zinsloses Darlehen über eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren mit bis zu 1.750 Euro pro m², bei der geplanten Hornbacher-Anlage kann das über 600.000 € zinsloses Darlehen bedeuten.“ Das Ziel dieser Förderrichtlinie sei insbesondere die Ausweitung des Angebots für das gemeinsame Wohnen und Leben von Menschen mit körperlichen, geistigen und oder psychischen Einschränkungen, die zusätzlich zur Versorgung mit Wohnraum besondere ambulante Betreuungsleistungen benötigen, sowie Menschen mit anderen individuellen Problemlagen, erläutern Troike und Kruse.
Beide sehen für Neugraben eine gefährliche Entwicklung heraufziehen. „Die Genehmigungen des Bezirksamtes vollziehen sich im Stillen, weder unmittelbare Nachbarn noch die Öffentlichkeit werden über die Pläne informiert. Bürgerbeteiligung soll offensichtlich vermieden und schnell Tatsachen geschaffen werden. Denn natürlich verläuft diese Entwicklung gegen die Interessen der Anwohner: Das soziale Umfeld kippt. Jugendliche vom gegenüber liegenden Gymnasium Süderelbe treffen auf Jugendliche aus einer ganz anderen sozialen Ebene, Angst sich außerhalb der betreuten Zeiten im Umfeld der geplanten Heim-Anlage zu bewegen, wird auftreten, und nicht zuletzt werden die Immobilienpreise der bisherigen Anwohner sinken, während geförderte Investoren Steuergelder abschöpfen.“
Kruse ergänzt, dass Hornbacher „bekanntermaßen über sehr gute Beziehungen in die Harburger Bezirksversammlung verfüge. Das Überschreiten der zulässigen Geschossflächenzahl wäre beispielsweise ein Aspekt, der beim „Ottonormalverbraucher“ eher nicht durchgewinkt wird, ist sich Kruse sicher. Dieser fügt noch an: „Recht muss Recht bleiben!“ Beide Anwohner versichern, dass sie mit allen rechtlichen Mitteln gegen das Bauvorhaben vorgehen wollen.
Der Neue RUF konfrontierte natürlich Hornbacher mit den Vorwürfen und Spekulationen von Troika und Kurse. Hornbacher zeigte sich wortkarg. Er wollte den Bau eines Heimes für ambulant betreutes Wohnen nicht bestätigen. Er bestätigte lediglich den Bau eines Hauses. Zur Zukunft des „Donnerwetter“ sagte der Gastronom, dass er noch nicht wisse, wie es mit der Immobilie weiter gehe. Der jetzige Pächter habe gekündigt, weil er sich beruflich neu orientieren wolle. Ob er selbst oder ein neuer Pächter das „Donnerwetter“ betreiben oder ob das Gebäude vielleicht ein anderen Benutzung zugeführt wird, sei offen. Vor kurzem habe beispielsweise ein Pizza-Service Interesse gezeigt. Am Gebäude Nr. 288 besitze er keine Anteile mehr, also könne er darüber auch nicht verfügen. Zu allen anderen Äußerungen von Troika und Kruse wolle er sich nicht äußern, erklärte Hornbacher.